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Zehn Jahre Wetteraufzeichnung in Heiligenstadt-West - 2005 bis 2014

Anlässlich des zehnjährigen Bestehens unserer Wetterstation auf dem SIM-Werksgelände, die im Jahre 2004 im Rahmen einer Seminarfacharbeit gebaut und in Betrieb genommen wurde, möchten wir Ihnen nun einmal die Klimaentwicklung des letzten Jahrzehnts präsentieren. Seit jeher sammeln und dokumentieren wir in zehn-minütigem Abstand die Werte dieser Wetterstation und kümmern uns nebenbei um die Instandhaltung der Anlage.

In zehn Jahren kontinuierlicher Wetteraufzeichnung lässt sich dann auch schon ein leichter Trend erkennen, welcher sich vermutlich fortsetzten wird oder sich möglicherweise verstärken könnte. Trotz der vielen Diskussionen rund um den Klimawandel, die sich in den letzten Jahren definitiv verstärkt haben, hat sich der Klimawandel im Eichsfeld noch nicht so signifikant bemerkbar gemacht, wie er oft dargestellt wird. Zwar war das Jahr 2014 mit einer Durchschnittstemperatur von 10,2 °C das Wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1881, doch im Zeitraum von 2005 bis 2014 konnten wir auch ziemlich kalte Jahre dokumentieren. Herausstechend sind dabei die Jahre 2010 mit einem Jahresdurchschnitt von 7,5 °C und 2013 mit 8,4 °C. Damit ergibt sich ein Mittelwert für die letzten zehn Jahre von 9,1 °C. Im Vergleich zur Klimaperiode 1991 bis 2000 (8,9 °C) lässt sich jedoch ein geringer Temperaturanstieg von 0,2 °C verzeichnen. Betrachtet man dazu die Durchschnittstemperaturen der vorherigen Jahrzehnte, so ist ein sehr langsamer aber kontinuierlicher Temperaturanstieg eindeutig zu erkennen. Denn auch wenn man die zehn wärmsten Jahre des letzten Jahrhunderts ermittelt, so wird deutlich, dass neun der zehn Jahre nach 2000 waren.

Niederschlagstechnisch hat sich im letzten Jahrzehnt nicht viel geändert. In einigen Jahren regnete oder schneite es zwar deutlich mehr als in anderen, jedoch lässt sich kein eindeutiger Trend erkennen. Während sich das Jahr 2007 mit einem Jahresniederschlag von 875 l/m² deutlich über dem langjährigen Mittelwert von 704 l/m² befindet, erreichten uns 2011 nur 513,6 l/m² und damit rund 190 l/m² weniger als normalerweise üblich.

Passenderweise lassen sich der trockenste und der feuchteste Monat des letzten Jahrzehnts genau in diese Jahre einordnen. Denn der Mai 2007 war mit 147,8 l/m² der regenreichste Mai seit Beginn der Wetteraufzeichnung und gleichzeitig auch der niederschlagsreichste Monat der letzten zehn Jahre im Eichsfeld. Mit diesem Rekordniederschlag übertraf er das langjährige Mittel um fast das Doppelte. Normal für den Mai wären Werte zwischen 70 und 80 l/m².

Auch der November 2011 war wettertechnisch ein besonderer Monat. Nicht weil er mit 4 °C knapp 1,2 Kelvin unter dem Durchschnittswert der letzten zehn Jahre liegt, sondern weil es in diesem November einfach nicht regnete. Während des gesamten Monats erreichte uns nicht ein einziger Tropfen. Folglich führten die Flüsse so wenig Wasser, wie selten zuvor und auch die Seen erreichten einen ungewöhnlich tiefen Wasserpegel. Verantwortlich dafür war der starke Hochdruckkomplex aus „Xenia“ und „Yana“.

Der Juli 2006 sticht mit 21,3 °C im Eichsfeld deutlich als wärmster Monat des letzten Jahrzehnts hervor. Zudem ist er auch der wärmste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnung. In einigen Regionen Deutschlands blieben die Temperaturen an mehr als 20 Tagen über 30 °C. Den Temperaturrekord stellte Wernigerode im Harz mit 36,4 °C im Tagesdurchschnitt auf.

Diese hohen Temperaturen hatten weitreichende Folgen. Viele Kraftwerke mussten gedrosselt oder sogar abgeschaltet werden, da das Kühlwasser aus den Flüssen zu warm war. Der Neckar musste künstlich belüftet werden um ökologische Folgen durch Sauerstoffmangel im Wasser zu verhindern. Die letzten Monate mit ähnlich hohen Temperaturen waren der Juli 1994 und 1995. Sogar der Rekordwert des sogenannten "Jahrhundertsommers" 2003 (34,5°C) wurde mit mehr als einem Grad Celsius übertroffen.

Doch während der letzten Jahre vermaßen wir nicht nur positive Temperaturrekorde. Manchmal rutschten die Temperaturen auch in ungewöhnliche Tiefen.

Bestimmt können Sie sich noch an den Dezember 2010 erinnern, der uns mit einer Monatsdurchschnittstemperatur von -4.4 °C als kältester Monat des letzten Jahrzehnts im Gedächtnis bleiben wird. Nicht nur weil die Temperatur in diesem Monat nur für drei Tage über die 0 °C -Marke stieg und wir teilweise Tiefstwerte von knapp  -18 °C messen konnten, sondern auch weil wir nahezu den ganzen Monat eine geschlossene Schneedecke verzeichneten. Selbst an Weihnachten, an dem uns in fast allen anderen Jahren das berühmte Weihnachtstauwetter eine „weiße Weihnacht“ verhinderte, fiel bei uns bis zu 30cm Neuschnee.

Die Schneedecke, die sich Ende November gebildet hatte, blieb uns durch die konstant eisigen Temperaturen fast den gesamten Dezember über erhalten und wurde zeitweise durch Neuschnee verstärkt. Das Besondere daran war, dass diese Schneedecke flächendeckend in ganz Deutschland zu genießen war. Schneechaos war daher in vielen Bundesländern schon fast vorprogrammiert.

Betrachtet man nun die letzten zehn Jahre mit all ihren Wettergeschehnissen so lässt sich feststellen, dass in dieser Periode die meisten Rekorde seit Wetteraufzeichnungsbeginn aufgestellt wurden.

Was sich zudem abzeichnet sind die Unwetterereignisse, die in den letzten Jahren offensichtlich vermehrt aufgetreten sind. Immer häufiger wird Deutschland von Hochwasser und Stürmen heimgesucht. Die Niederschläge konzentrieren sich und überfluten meist große Regionen in Flussnähe.

Neben regionalen Überflutungen, von denen man in den Medien manchmal mehrmals im Monat lesen muss, erreichten uns nach der Jahrtausendwende schon zwei sogenannte Jahrhunderthochwasser. Bei solchen Unwettern, die meist nicht regional begrenzt sind, werden oft ganze Landstriche unter Wasser gesetzt und die Schäden, die dadurch entstehen sind verheerend für die betroffenen Regionen. Wie der Name schon sagt, treten solche Hochwasser normalerweise nur ungefähr einmal in 100 Jahren auf. 2002 und 2013 erschütterte ein solches Jahrhunderthochwasser ganz Deutschland. In beiden Fällen war eine Vb-Wetterlage Auslöser der Katastrophe.

Das Hochwasser 2013 überstieg jedoch vielerorts die Pegel aus dem Jahr 2002 und stellte so neue Hochwasserrekorde auf. Da aber mehr Zeit zur Evakuierung und zur Einleitung von Schutzmaßnahmen blieb als 2002, wird der Gesamtschaden niedriger geschätzt als elf Jahre zuvor. Trotzdem brachte das Wasser Dämme zum brechen und verwüstete deutschlandweit Städte und Dörfer. Bei örtlichen Niederschlägen über 400 l/m² in vier Tagen bestand für flussnahe Gebiete oft nur wenig Hoffnung. Begonnen hatte dieses Szenario Ende Mai/Anfang Juni, aber mit den Folgen des Starkregens mussten die Betroffenen noch bis weit in den Juni kämpfen.

Glücklicherweise blieb das Eichsfeld und somit das Leinetal um Heiligenstadt von diesen Katastrophen im Großen und Ganzen verschont.

Doch nicht nur die zahlreichen Hochwasser machten uns zu schaffen, auch die teilweise sehr heftigen Stürme, welche auch hier im Eichsfeld große Schäden anrichteten, mussten wir ertragen.

Der wohl folgenschwerste Sturm der letzten Jahre war Orkan „Kyrill“. In der Nacht vom 18. zum 19. Januar 2007 legte er das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas lahm und verursachte milliardenschwere Schäden. Insgesamt forderte „Kyrill“ 47 Menschenleben.

Die Orkanböen, die weit über 100 km/h schnell waren, richteten auch im Eichsfeld schwere Schäden an. Das Dach des Eichsfelder Schraubenwerkes wurde aus seinen Verankerungen gerissen und landete auf dem Rengelröder Weg. Neben Windgeschwindigkeiten von 120 km/h und Starkniederschlag von mehr als 25 l/m² innerhalb dieser Zeit, wurden auch für den Januar ungewöhnlich hohe Temperaturen gemessen: frühlingshafte 12,8 °C.

Zum Ende des Februars 2010 hielt uns Orkan „Xynthia“ auf Trab. Hierzulande kam es vielerorts zu erheblichen Schäden durch umgestürzte Bäume oder umherfliegende Dachteile. Deutschlandweit sorgte er für einen großräumigen Stillstand des Schienenverkehrs und unzählige umgeknickte Bäume. Für Frankreich war „Xynthia“ der folgenschwerste Sturm seit 1999.

Im Dezember 2013 wurde vor allem Nord- und Mitteldeutschland vom Orkan "Xaver" heimgesucht. In unserer Region fielen die Schäden noch relativ gering aus, lediglich einige Bäume wurden entwurzelt. Ganz anders sah es im Norden des Landes aus: in Hamburg stand die HafenCity unter Wasser und die ostfriesischen Inseln meldeten große Landverluste. Im Vergleich blieben die Schäden dennoch gering, was auf die gute Vorhersage und genaue Warnungen zurückzuführen ist.

Ein anderes Unwetter wird vielen Besuchern des Stadtfestes 2011 in Heiligenstadt noch lange in Erinnerung bleiben. Während in der Stadt noch ausgelassen gefeiert wurde, zogen dunkle Gewitterwolken auf. Gegen 16.00 Uhr erreichte uns dann das Gewitter und überraschte uns mit Starkregen und Hagelkörnern so groß wie Walnüsse. Die untere Wilhelmstraße wurde dadurch knöchelhoch überflutet und die Hagelkörner führten zu einigen, leicht verletzten Personen und jede Menge beschädigten Ständen und Fahrgeschäften. Auch die A38 musste zeitweise wegen Schlammüberschwemmungen gesperrt werden. Dieses Unwetter war selbst für hartgesottene Gewitterfans ungewöhnlich stark.

Betrachtet man nun die letzten zehn Jahre mit all ihren meteorologischen Besonderheiten, so lässt sich erkennen, dass die Häufigkeit und die Intensität dieser Extremwetterereignisse im Vergleich zu früheren Wetterperioden zugenommen hat. Auch die gemessenen Rekordwerte der Temperatur oder des Niederschlages werden immer öfter über- oder unterboten. Solche Veränderungen lassen sich in der Tat auf den Klimawandel zurückführen. Dieses globale Problem ist allerdings auch auf anderen Kontinenten zu beobachten, dort teilweise mit verheerenderen Folgen. Während bei uns eine geschlossene Schneedecke im Januar immer seltener wird, schneit es zum Beispiel in Nordamerika ohne Ende. Auch diesen Winter brach in einigen Staaten der USA wieder Schneechaos aus. Eine meterdicke Schneedecke brachte dort das öffentliche Leben teilweise zum Stillstand.

Im Vergleich dazu sind die Folgen der Erderwärmung im Eichsfeld sehr gering und kaum zu spüren. Ein Anstieg der Temperaturen ist nur minimal zu beobachten. Die Niederschläge sind allerdings leicht rückläufig und es kommt immer häufiger zu einer Konzentration des Monatsniederschlags auf wenige Tage. Auch Unwetterereignisse treten im Durchschnitt häufiger auf.

Mit diesem kurzen Trend möchten wir unseren Rückblick beenden und wünschen Ihnen noch einen angenehmen Frühling.

 

Maik Kümmel & Fabian Schade

AG "Junge Wetterfrösche"

 

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